Aufmerksamkeitsstörung

Wenn die Aufmerksamkeit nicht da ist, wo sie sein soll.

Die Gedanken sind frei. Manchmal allerdings lassen sie sich gar nicht mehr einfangen und flattern herum wie ein verirrter Vogel ohne Orientierung. Ganz normal, wenn das mal vorkommt. Aber ein Riesenproblem, wenn das normal ist.

ADHS: Das Zappelphilipp-Syndrom, das nicht nur Kindern das Leben schwer macht.

Spätestens ab der Einschulung beginnt der Stress. Still sitzen, aufpassen, sich an Regeln halten: für Kinder mit einer Aufmerksamkeits­defizit- und Hyperaktivitäts­störung (ADHS) kann ein normaler Schultag zur Tortur werden. Sie sind unaufmerksam, fallen auf und ecken an. Verständnis? Fehlanzeige. Noch immer gilt ihr Verhalten als Zeichen schlechter Erziehung und die Diagnose ADHS als Modeerkrankung, mit der sich Eltern aus ihrer Verantwortung stehlen wollen. Und noch immer denken die meisten Menschen, dass sich ADHS, auch als Zappelphilipp-Syndrom bekannt, im Laufe der Zeit auswächst. Beide Annahmen stimmen nicht.

Gut zu wissen

Lange galt

ADHS

als Diagnose ausschließlich für Kinder und Jugendliche, weswegen Ritalin bis vor einigen Jahren bei Erwachsenen nicht verschrieben wurde.

Etwa 2 bis 6 % der Kinder und Jugendlichen

sind betroffen – die Hälfte davon noch als Erwachsene.1

ADHS bei Kindern und ADHS bei Erwachsenen: Was ist der Unterschied?

Während bei Kindern und Jugendlichen ein starker Aktivitätsdrang und eine hohe Impulsivität auffallen, steht die motorische Unruhe bei Erwachsenen kaum noch im Vordergrund. Sie wird vielmehr durch ein Gefühl der inneren Unruhe abgelöst. Die Impulsivität kann unter Umständen bestehen bleiben. Am meisten leiden Erwachsene jedoch unter den Aufmerksamkeits- und Konzentrations­problemen. Vor allem am Arbeitsplatz, aber auch in der Familie oder im Freizeitbereich. Es fällt ihnen oft schwer, Dinge zu organisieren, planvoll zu handeln und alles Wesentliche im Blick zu behalten.

Bessere Noten, bessere Leistung, besserer Abschluss: Hirndoping an der Uni.

Während früher noch ein gutes Frühstück und Obst zum Pausenbrot als ausreichende Hirn- und Nervennahrung für Schule und Uni galten, setzen die Studierenden heute immer mehr auf die Kraft vermeintlicher Wunderpillen. Beim Bundesministerium für Bildung und Forschung ist zu lesen, dass einer Studie aus dem Jahr 2012 zufolge 5 Prozent der Studierenden leistungs­steigernde Substanzen konsumieren. Eine in der Fachzeitschrift „Pharmarcotherapy“ veröffentlichte Arbeit kommt 2013 zu dem Ergebnis, dass 20 Prozent der Studierenden auf leistungs­steigernde Substanzen zurückgreifen. Das lässt ahnen: die Dunkelziffer ist groß. Im Zusammenhang mit dem sogenannten Hirndoping werden eine Reihe verschiedener Substanzen missbraucht. Zu diesen Substanzen gehört zum Beispiel der amphetaminartige Wirkstoff Methylphenidat, Hauptinhaltsstoff des Medikaments Ritalin. Gesicherte Ergebnisse, die eine leistungssteigernde Wirkung bei Gesunden belegen, fehlen jedoch. Sicher ist nur, dass all diese Präparate Nebenwirkungen haben. Kopfschmerzen und Persönlichkeits­veränderungen wie emotionale Abstumpfung gehören dazu. Zudem kann sich eine Abhängigkeit etablieren.

Wie kommt die Aufmerksamkeit zurück? Hilfe und Therapie.

Die Entscheidung darüber, ob Betroffene Hilfe in Anspruch nehmen möchten, oder auch die Entscheidung, welche Hilfe die richtige ist, hängt von der Ausprägung der Aufmerksamkeits­störung ab. Ziel einer Therapie – ob medikamentös oder verhaltens­therapeutisch – ist ein besseres Selbstmanagement und eine leichtere Bewältigung des Alltags. Ist der persönliche Leidensdruck sehr groß, kann eine Behandlung mit Medikamenten sinnvoll sein. Präparate zur Behandlung von ADHS können zu einer Verbesserung der Symptomatik führen, ersetzen aber keine Verhaltens­therapie, in der gezielt an der Organisation des Alltags gearbeitet wird. In Deutschland sind die Medikamente Methylphenidat, Guanfacin und Atomoxetin für die Behandlung von ADHS zugelassen. Die genaue Dosierung, die mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt abgesprochen wurde, muss dabei unbedingt eingehalten werden.